also, werd nicht so
wie dieser da
in unklaren familien
verhältnissen
unterwegs geboren
na ja dafür kann
er nichts
ist keine schande
doch auch nichts
rühmliches
aber dann
als er dreißig war
hatte er
keine ausbildung
kein auskommen
keine rücklagen
keine wohnung
kein reittier
oder fahrzeug
und auch für die ehe
war er offenbar
untauglich
was blieb ihm da
übrig als über
land zu ziehen
langhaarig
schmuddelig
barfüßig
eine klicke
von fans bei sich
die ihre familien
und berufe im stich
gelassen hatten
und dann wiegelte
er das volk auf
mit doppeldeutigen
reden und
gefährlichen geschichten
in denen die staatslenker
und die geistlichkeit
die heerführer
und überhaupt alle
die was hatten
schlecht wegkamen

drei jahre hat
man den
edelgammler
aus dem
zufallsgeburtsort
bethlehem so
gewähren lassen bis
er überschnappte
und handgreiflich
wurde gegen die
börsianer und
devisenwechsler
die seit jeher
ihren angestammten
platz im tempel
hatten da war
zapfenstreich, sense
ex
hinterlassen hat er
ein paar handbreiten
verschwitztes leinen
da war er
dreiunddreißig
im gleichen alter
wie vater der damals
schon die prokura in
henschels drahtzieherei
kriegte jetzt weißt
du bescheid und mir
soll keiner nachsagen
daß ich mich nicht
traue die wahrheit
zu sagen
auch
über diesen
da.

Zu Beginn des Dezembers 1969 sendete Josef Reding gemeinsam mit seinem Bruder Paul Weihnachtsgrüße an etwa 200 Freund*innen, Bekannte und Familienmitglieder: „Mit dieser persönlichen Sendung setzte ich einen Brauch fort, den ich schon bei meinen literarischen Anfängen begonnen hatte: zu Weihnachten mit einer Erzählung oder einem lyrischen Text eine zeitkritische Meditation zu ermöglichen.“
Anders als in den Jahren zuvor hatten die illustrierten Weihnachtsgrüße allerdings eine Welle der Empörung zur Folge, vor allem in Form unzähliger Leser*innenbriefe. Josef Reding sammelte all diese Briefe und beantworte sie in Form einer Publikation.  1978 erschien dann seine Krippenrede für die 70er Jahre. Skandal um ein Gedicht beim Neukirchner Verlag. Für das Verlagsmanuskript collagierte er Kopien der Leserbriefe und kommentierte diese.