Josef Reding und die Spannenden Geschichten
von Joachim Wittkowski
Vorab: Josef Reding hat in seinen Texten häufig das N-Wort genutzt, um auf Rassismus aufmerksam zu machen. In diesem Text wird das Wort ausgeschrieben zitiert.
Josef Reding ist vornehmlich als Autor von Jugendbüchern und Kurzgeschichten in die Geschichte der Literatur im Ruhrgebiet eingegangen. Dass er in den 1950er Jahren auch für die Romanheftreihe Spannende Geschichten geschrieben hat, ist hingegen kaum bekannt. Zwischen 1954 und 1956 hat er immerhin neun Erzählungen in dieser Reihe des zu Bertelsmann gehörenden Rufer-Verlags veröffentlicht. Dem Verlag geht es seinerzeit nicht zuletzt darum, sich in der noch jungen Bundesrepublik auf dem Buchmarkt zu positionieren. Die ethisch grundierten Texte Josef Redings kommen gerade recht. Für Josef Reding ist die Arbeit für die Spannenden Geschichten ein Schritt auf dem Weg zur Professionalisierung als freier Schriftsteller.
Josef Reding hat sich schon früh und zielstrebig dem Schreiben gewidmet. Bereits als Schüler des Neusprachlichen Gymnasiums Castrop-Rauxel, des heutigen Adalbert-Stifter-Gymnasiums, an dem er 1951 die Abiturprüfung besteht, publiziert er seit 1948 regelmäßig.
Ein erster Erfolg stellt sich ein, als 1950 eine Jugend-Erzählung Der einäugige Bandenchef in einer Anthologie erscheint. Anlässlich der bestandenen Abiturprüfung gibt er als Berufsziel an, „freier Schriftsteller“ werden zu wollen.
1952 nimmt er ein Studium der Germanistik, Anglistik, Psychologie und Kunstgeschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster auf. Schon ein Jahr später, 1953, erhält er ein Fulbright-Stipendium, studiert fortan an der University of Illinois in Urbana, die er 1954 als Master of Arts verlässt. Die Erfahrungen seines Aufenthalts in den USA sollten seine schriftstellerische Arbeit weitreichend beeinflussen.
Von seinem Ziel, freier Schriftsteller zu werden, hat Josef Reding während seiner Studienzeit nicht abgelassen. Sein erstes Jugendbuch, Silberspeer und Roter Reiher, erscheint bereits 1952. In diese Zeit fällt sein Kontakt zum Bertelsmann-Redakteur Wolfgang Lohmeyer. Dieser ist von Silberspeer und Roter Reiher angetan und fragt an, ob er zur Reihe Spannende Geschichten beitragen könne.
Die Romanheftreihe Spannende Geschichten
Der Verlag ist zu dieser Zeit auf Autorensuche für seine Spannenden Geschichten, deren Anfänge bis in das Jahr 1926 zurückgehen. Seit 1935 standen die Romanhefte allerdings zunehmend im propagandistischen Dienst, schreckten vor Antisemitismus, Rassismus und Kriegsverherrlichung nicht zurück. Daher muss sich Bertelsmann nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit dem „Vorwurf“ auseinandersetzen, „mit dem Nationalsozialismus sympathisiert“ (Saul Friedländer u.a.) zu haben. In dieser Situation will der Verlag an die vor 1935 erschienenen Hefte anknüpfen. Dazu werden die Spannenden Geschichten einer Neukonzeption unterzogen, die an die Vorkriegshefte anknüpfen soll. Ziel ist eine „saubere und spannende Lektüre“, „die zwischen den Zeilen erzieht und bildet und außerdem der jugendlichen Phantasie in gesunder Weise gerecht wird.“ (Günther Bicknese in: Bertelsmann Illustrierte, 1955)
Folgerichtig bewirbt der Verlag die Neuausgabe der Spannenden Geschichten bei den Eltern als „Beitrag im Kampf gegen Schmutz und Schund“, wie ein im Unternehmensarchiv Bertelsmann vorhandener Werbezettel zeigt. Was die Reihe auszeichnen soll, wird in den Briefen des Verlags an Josef Reding deutlich: Das Thema soll in der Regel ‚zeitnah‘ sein, ‚grausam geschilderte Szenen‘ vermeiden und „ethischen Wert“ haben. Werner Hörnemann, Jugendbuchlektor bei Bertelsmann, findet die geforderten Qualitäten in Josef Redings Erstling Silberspeer und Roter Reiher und erkennt, dass Reding das neue Konzept der Heftreihe bedienen kann.
Josef Redings Beiträge zu den Spannenden Geschichten
In den USA hat Josef Reding soziale Wirklichkeiten kennengelernt, die sich von denen in Deutschland deutlich unterscheiden. Er verfügt damit über einen Erlebnishintergrund, der für die Spannenden Geschichten fruchtbar gemacht werden kann. Die Vorstellung eines erlebnisbasierten Hintergrunds ist ihm zudem nicht fremd. Seine Erzählung Der einäugige Bandenchef thematisiert sogar diese Idee. In einer überarbeiteten Fassung wird sie unter dem Titel Achtung – Autobanditen! sein einziger Beitrag für die Spannenden Geschichten, der im heimischen Deutschland spielt.
Achtung – Autobanditen! erzählt davon, wie der Untersekundaner Hans Kirrholm, der „berühmt werden“ (S. 2) möchte, dazu kommt, seine erste Erzählung zu veröffentlichen. Nach einem ersten, unbeholfenen Versuch gibt ihm sein Vater einen Rat: „‚[…] alles sollte erlebt sein, sollte echt, wahr und klar sein.‘“ (S. 5) Als Hans mit Freunden in den Schwarzwald trampt, entdeckt die Gruppe das Versteck einer Räuberbande und kann letztlich der Polizei dabei helfen, diese festzunehmen. Jetzt endlich kann Hans eine authentische Geschichte schreiben; deren Überschrift lautet: „‚Achtung Autobanditen!‘“ (S. 28) Und es heißt, sein „Erlebnisbericht“ sei „sogar irgendwo abgedruckt worden“ (S. 28).
Die Erzählung spielt mit der Selbstreferenz: Wie sein Protagonist Hans Kirrholm möchte ja auch Josef Reding Schriftsteller werden. Und natürlich ist er der Verfasser des Textes. Dass der „irgendwo“ gedruckt worden sei, ist doppeldeutig: Zum einen hält der Leser das Heft der Spannenden Geschichten mit der Erzählung ja gerade in der Hand, changieren Realität und Fiktion. Und dass Hans Kirrholm „verschmitzt gegrinst“ (S. 28) habe, als er abstreitet, dass die Geschichte veröffentlicht worden sei, lässt sich als erneute literarische Selbstreferenz lesen, denn die Erzählung ist ja in einer ersten Fassung bereits einmal gedruckt worden.
Die Handlungen von sechs der acht anderen Erzählungen sind in den USA der Gegenwart angesiedelt, eine siebte im Nahen Osten, während die achte als im 16. Jahrhundert spielende Historienerzählung eine Ausnahme bildet. Die Protagonisten der jugendgerecht einfach strukturierten Texte verkörpern Mut, Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeit, sind moralische Vorbilder: So zwei in die USA immigrierte Feuerwehrleute, die ihren Truppführer aus einer lebensbedrohlichen Lage retten (Löschtrupp Larry fällt vom Himmel), die Taucher, die den Waffenschmuggel mittelamerikanischer Revolutionäre aufdecken (Froschmänner in Florida), und ein Rodeoreiter, dem Fairness und Genügsamkeit wichtiger sind als das große Geld (Tim, König der Rodeos).
Josef Redings Bedeutung für diese Heftreihe resultiert nicht zuletzt aus seinem ethisch-pädagogischen Anspruch. Hinzu kommt, dass seine Texte beim Publikum beliebt sind. An der Erzählung Rotrock Percys letzte Fährte wird dies besonders deutlich. Inhaltlich geht es um den kanadischen Grenzpolizisten Percy, der einen Verbrecher namens Curtain jagt. Bei einem Flugzeugabsturz im Eis sind vierundzwanzig Menschen ums Leben gekommen. Curtains „Gier nach Geld und Gold“ (S. 4) bringt ihn dazu, die Toten zu bestehlen und einen der drei Überlebenden umzubringen. Percy verfolgt ihn drei Tage und Nächte, stellt ihn und will ihn einem Gerichtsverfahren zuführen. Auf dem Rückweg kommt es nicht nur zu einem heftigen Kampf, sondern auch zu einem Bärenangriff. Zuletzt muss der schwerverletzte Percy auch noch einen Blizzard überstehen. Der Einsatz für die Gerechtigkeit, das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit, der unbedingte Einsatz- und Aufopferungswille – Rotrock Percys letzte Fährte passt bestens in die Programmatik des Verlags und wird unter dem Titel Die letzte Fährte in einen Auswahlband der Spannenden Geschichten aufgenommen.
Mit Wüstenpatrouille und der historischen Erzählung Pestkahn „Stella Maris“ bedient Josef Reding weiterhin das Genre der Abenteuerliteratur. Zwei der in den Spannenden Geschichten erschienenen Erzählungen gehen aber in ihrem Anspruch darüber hinaus: Wetbacks am Rio Grande. Die Geschichte des Mexikanerjungen Miguel und Aufruhr im Negerviertel. Ein Negerjunge kämpft gegen eine Bande New Yorks. Beide Texte sind von jener „Liebe zum geringsten Bruder“ getragen, die Josef Reding in einem literarischen „Selbstporträt“ für die Zeitschrift Welt und Wort als seinen ethischen Antrieb darstellt und die seinen Ruf „als christlich-sozialkritischer Epiker“ (Harro Zimmermann) begründet.
Wetbacks am Rio Grande erzählt von einem jungen Mexikaner, der illegal den Rio Grande durchquert, um in den USA Geld zu verdienen. Dort begrüßt man zwar die billigen Arbeitskräfte, begegnet ihnen aber zugleich mit Argwohn, weil auch Kriminelle versuchen, illegal ins Land zu kommen. Als ein älterer Immigrant von einem Polizisten beim Grenzübertritt entdeckt und angeschossen wird, hilft ihm Miguel, nicht wissend, dass es sich um einen Kriminellen handelt. Im weiteren Verlauf der Handlung trifft Miguel auf den Schwarzen Zebediah, von dem er auf einen Kaffee in ein Lokal eingeladen wird. Als er dort im Fernsehen von der Fahndung der Polizei nach einem Entführer hört, erkennt er den Mann, dem er geholfen hat, und kann der Polizei entscheidende Hinweise geben. Zebediah erweist sich als freundlicher FBI-Beamter, der die Belohnung, die Miguel für seine Hilfe bekommt, noch aufstockt. Damit hat Miguel das erhoffte Geld, muss das Land wieder verlassen. Die Erzählung schließt mit dem warnenden Hinweis, daran zu denken, dass es „zwei Arten der Wetbacks gibt“, Kriminelle und „solche von der Art Miguels“ (S. 23). Mit der Vorbild-Figur des Zebediah vermittelt Josef Reding zudem unausgesprochen eine antirassistische Lehre.
Josef Redings Eintreten gegen jede Art von Diskriminierung und für die Achtung der Menschenrechte basiert auf seinem christlichen Humanismus, der Erfahrung des Faschismus und den Erlebnissen und Beobachtungen, die er zunächst in den USA, später in zahlreichen anderen Ländern gemacht hat. In der Aufruhr im Negerviertel betitelten Spannenden Geschichte tritt diese sozialethische Ausrichtung besonders deutlich hervor. Der Text beginnt mit einer Anrede des Erzählers an den fiktiven Leser:
„Du kannst von der Freiheitsstatue aus mit der Kamera New York ins Bild nehmen. Das New York, das du kennst. Das Lesebuch-New York: Empire State Building und Radio City Music Hall, Manhattan und den Broadway. Jetzt schwenke die Kamera nach links. Acht Zentimeter nach links nur. Du bekommst Harlem in den Sucher. Harlem ist auch New York. Aber Harlem ist das andere New York. Das schwarze New York. Das New York des Drecks. Das New York der Slums. Das New York der Neger. Setze ein Tele-Objektiv auf deine Kamera-Linse. Schau hindurch. Du siehst Harlems 135ste Straße.“ (S. 1)
Josef Reding lässt seinen Erzähler den Fokus von symbolisch aufgeladenen ‚Sehenswürdigkeiten‘ ein wenig „nach links“ verschieben, und das soziale Elend kommt in den Blick und fast unmerklich auch ins Ohr:
„Zwei Negerfrauen streiten sich, keifen. Ein Shoeshine-Boy zählt ein paar Kupfermünzen. Ein Zeitungsblatt, fettig, schaukelt träge aus einem Dachfenster. Am Bordstein sitzen zwei Jungen. Sie singen: ‚As I walked out in the streets of Laredo…!‘ – ‚Als ich durch die Straßen Laredos ging…!‘“ (S. 1f.)
Vor diesem Hintergrund spielt die Geschichte Jerrys, der im ersten Kapitel als Vierjähriger vorgestellt wird. Jerry lebt in ärmlichen Verhältnissen, hat Hunger und läuft weg von Zuhause. Dabei erlebt er, wie Kennedy, der ihm das Mundharmonikaspielen beibringt, von Weißen zusammengeschlagen wird. Im zweiten Kapitel ist der mittlerweile Sechsjährige bereits Mitglied der Buster-Bande. Das Motto der Bande lautet: „‚Du darfst alles tun, wenn es einem Weißen schadet.‘“ (S. 3)
Die Konfrontationslinien sind überdeutlich. Als die Bande den Zeitungskioskbesitzer McFadden bestehlen will, wird Jerry von einem Polizisten, einem Weißen, geschnappt. Wachtmeister Peter Brownsing ist verständnisvoll. Er „kannte sich aus in Gesichten [sic!] und in der Seele eines kleinen Jungen, auch wenn dessen Haut schwarz war und seine kleinen Hände zitterten.“ (S. 4) Brownsing überwindet mit psychologischem Geschick das Misstrauen Jerrys einem Weißen gegenüber. Dass am Ende des Kapitels Jerry für McFadden Zeitungen austrägt und wieder lachen kann, weckt den Verdacht, hier verdecke ein Happy End alle sozialen Gegensätze. Doch diesem Eindruck setzt Josef Reding zweierlei entgegen: Zum einen eine Erklärung des Erzählers, dass alles hätte anders kommen können, wenn Jerry einem anderen Polizisten begegnet wäre. Zum anderen eine Fortsetzung der Erzählung, in der sich die Busterboys mit ihrem neuen Anführer Duftsocke Jahre später an Jerry rächen wollen.
Die sich anschließenden sechs Kapitel erzählen, wie Jerry seinen eigenen Zeitungskiosk bekommt und vereitelt, dass zwei Mitglieder der Bande einen Kunden bestehlen. Die Rivalität eskaliert: Als Duftsocke einen Einbruch in eine Bank plant, hat er die Idee, einen erfahreneren Kriminellen, Knuckleduster, anzuheuern und den Verdacht auf Jerry fallen zu lassen. Dazu sollen dieser und der zehnjährige Jeffiboy, der die Bande ebenfalls verlassen hat, betäubt und an den Ort des Geschehens verbracht worden, sodass sie dort von der Polizei als vermeintliche Täter aufgegriffen werden. Doch der Plan misslingt. Jerry und Jeffiboy gelingt es sogar, Knuckleduster und Duftsocke zu überwältigen, sodass die Polizei die Täter in Gewahrsam nehmen kann. Auf der Polizeiwache begegnen Jerry und Jeffiboy dem neuen Chef, Peter Brownsing. Und wieder erfährt Jerry „an dieser neuen Schwelle seines Lebens Unterstützung“ (S. 28): Brownsing möchte die beiden Jungen für die Polizeiarbeit gewinnen.
Mit Brownsing tritt also erneut eine Vorbild-Figur auf, die zeigt, wie eine humanistische Moral, wie tätige Nächstenliebe gelebt werden können.
Die Bedeutung der Spannenden Geschichten Josef Redings für sein literarisches Werk
Die Beiträge zu den Spannenden Geschichten nehmen im weiteren Verlauf der Autorenbiographie Josef Redings eine nicht zu unterschätzende Rolle ein. Bereits 1955 erscheint mit Froschmänner und Feuerspringer im Paulus-Verlag ein Sammelband mit vier Geschichten, von denen drei bereits in der Romanheftreihe vorliegen. Hinzu tritt die vierte Geschichte, Ein roter Buick rast durch Milwaukee, mit der der Band eröffnet wird. Auch wenn dieser Text ursprünglich nicht in den Spannenden Geschichten publiziert worden ist, steht er in einem Zusammenhang mit Josef Redings Tätigkeit für Bertelsmann; er ist nämlich in der Jugend-Lesering-Illustrierten des Unternehmens erstveröffentlicht.
Ein zweiter Band mit Texten aus den Spannenden Geschichten erscheint 1957 unter dem Titel Höllenpfuhl Sargasso im Pfeiffer-Verlag. Von den sechs in diesem Band enthaltenen Texten sind fünf bereits als Romanhefte veröffentlicht worden. Lediglich die titelgebende Geschichte, Höllenpfuhl Sargasso, ist nicht bereits in den Spannenden Geschichten erstveröffentlicht. Diese Erzählung hat gleichwohl einen engen, wenn auch verdeckten Bezug zu den Spannenden Geschichten: Ursprünglich hat Josef Reding diese Erzählung für die Romanheftreihe verfasst. Doch der Verlag war wegen eines fehlenden „moralische[n] Gegengewicht[s]“ (Günther Bicknese an Josef Reding, 26.5.1956) nicht interessiert.
Eine auffällige textliche Veränderung hat in diesem Band Aufruhr im Negerviertel erfahren: Dem eigentlichen Erzähltext wird eine Einleitung vorangestellt, die den Protagonisten Jerry vorstellt: „Früher hat er zu jenen gehört, die wie die Buster-Bande jeden bekämpfen, der eine andere Hautfarbe hat. Nun aber möchte er gut sein, weil auch ein anderer mal gut zu ihm war.“ (S. 71)
Damit werden die ursprünglichen Eingangskapitel, die New York durch einen Kamerablick zeigt, Jerrys Kindheit als Mitglied einer Jugendbande und seine Begegnung mit dem Polizisten Peter Brownsing erzählt, überflüssig.
Genau diese aus der Erzählung ausgeschiedenen Textteile bilden nun aber unter dem Titel Jerry lacht in Harlem eine eigenständige Kurzgeschichte, die Josef Redings erste Kurzgeschichtensammlung Nennt mich nicht Nigger eröffnet und zu seinen bekanntesten zählt. Jerry lacht in Harlem steht, so Franz-Josef Payrhuber, „exemplarisch“ für „Josef Redings Engagement gegen Rassismus und sein Eintreten für Außenseiter“.
Dieses Engagement begründet der Autor selbst mit seinem Erleben des Faschismus und seinen Erfahrungen in den USA:
„Wir klagten die Älteren an, weil sie geschwiegen hatten, als in ihrer Nähe Menschen um ihrer Rasse willen unterdrückt, verschleppt, gequält und getötet wurden. Diese Anklage war lautstark und selbstsicher.
Wenige Jahre später kam ich als Fulbright-Student in die USA. Und jetzt wurden in meiner Umgebung Menschen wiederum aus rassistischen Gründen wie ‚underdogs‘ behandelt. Und ich wußte, daß meine Anklagen von 1945 nichtig waren, wenn ich nicht jetzt handeln, Flagge zeigen würde.“ (Mein Bekenntnis zur Kurzgeschichte)
In einer späteren Version der Kurzgeschichte, die 1978 in dem ebenfalls unter dem Titel Nennt mich nicht Nigger erschienenen Band herausgekommen ist, entfällt der letzte Absatz mit dem Schlusssatz „Und Jerry lacht.“ Der Text endet nunmehr weniger optimistisch mit der offen bleibenden Frage, was geschehen wäre, wenn Jerry an einen anderen Polizisten geraten wäre.
Die in den Spannenden Geschichten erstveröffentlichten Texte sind auch in späteren Versionen deutlich von ihren zeitgenössischen sozialen und kulturellen Kontexten geprägt. Auch der ethische Anspruch Josef Redings entwickelt sich ja aus seiner Zeitgenossenschaft. Aber dieselbe Zeitgenossenschaft bedingt auch ein Vokabular, das, aus der historischen Distanz betrachtet, irritiert. Ein Titel wie „Aufruhr im Negerviertel“ würde heute, das zeigt schon ein Blick in den Duden („sollte[] im öffentlichen Sprachgebrauch nicht mehr verwendet werden“), wohl kein Lektorat passieren. Die Zeitgebundenheit der Romanhefttexte Josef Redings erschwert in der historischen Distanz eine sprachlich unvoreingenommene Rezeption.
Die Bedeutung, die die Spannenden Geschichten für das Werk Josef Redings haben, beeinflusst dies jedoch nicht. Josef Reding hat über fast drei Jahrzehnte hinweg mit seinen Romanheft-Texten gearbeitet. Davon zeugt auch ein dritter Sammelband mit einigen seiner Spannenden Geschichten, der 1981 abermals im Engelbert-Verlag erschienen ist: Sprengt den Eisberg! Der Band enthält in unveränderter Form drei der bereits zuvor im selben Verlag neu edierten Erzählungen sowie die Titelgeschichte Sprengt den Eisberg!, die nicht in den Spannenden Geschichten erstveröffentlicht ist. Sie gehört gleichwohl in deren Zusammenhang, denn Josef Reding hat sie für diese Heftreihe geschrieben, wie aus einer erhalten gebliebenen Honorarmitteilung aus dem Jahr 1957 hervorgeht. Offenbar wurde die Reihe eingestellt, bevor der Text in ihr erscheinen konnte. Mit seiner späten Veröffentlichung im Engelbert-Verlag ist die Reihe der von Josef Reding verfassten Spannenden Geschichten dem Medium Romanheft entwachsen und liegt vollständig auch in Buchform vor.